Rückblick auf gute Zeiten

Hallo, Freunde!

Ich melde mich auch mal wieder nach geschätzten tausend Tagen.
Es ist schon so lange her, dass ich in den Flieger nach Italien gestiegen und zurückgekommen bin.
Dann mein kleiner Urlaub im Herbst, als ich nochmal meine Freunde und vor allem meine Familie in Alessandria besucht habe...

Jetzt ist es kurz vor Weihnachten und ich sitze in meinem Wohnzimmer in Deutschland neben dem Tannenbaum und schreibe einen Nachtrag.
In Italien sind erst ab morgen Ferien, das habe ich von einem Freund erfahren. Es ist so komisch, sich wieder in der gewohnten Umgebung zu befinden und Weihnachten wie immer zu feiern.
Ernüchternd, keine neuen Erfahrungen sammeln zu können.

Ich habe ein Paket nach Italien geschickt, in dem vor allem Toffifee (die meine Gastbrüder echt lieben) und sonstige Süßigkeiten sind. Meine Gastmamma (aus Gewohnheit mit "mm"!) hat mir ein Bild geschickt und dazu geschrieben, dass dieses Jahr an Weihnachten gleich zwei Leute aus der Familie fehlen werden... Meine Gastschwester Giulia arbeitet seit November in einer Klinik in London und kommt über Weihnachten nicht nach Italien zurück. Und ich kann ebenso wenig nochmal dort hin fliegen.
Wenn ich könnte, säße ich längst am Flughafen.
Es ist ein enormer Unterschied, in dem Leben zu leben, was man seit Ewigkeiten besitzt und dass einem als gewöhnlich und mittlerweile sogar als etwas langweilig erscheint, oder das Leben zu haben, welches man sich ausgesucht hat, was einem quasi durch eine einzige Möglichkeit gegeben wurde und das man durch seine eigenen Entscheidungen zu dem perfekten Leben gemacht hat, was es ist. Ich bin keineswegs undankbar für die Dinge, die ich hier in Deutschland habe, aber es macht so viel mehr aus, wenn man sich sicher sein kann, dass man in dieser ganz anderen Kultur und in diesem völlig anderen Land ein anderes Leben führt, was man sich wirklich vollkommen alleine aufgebaut hat. Ich kann garantiert sagen, dass ich dort viel unabhängiger war als hier in Deutschland. Es ist einfach unvorstellbar anders.

Ein Freund hat mir gesagt, dass sich auch Leute, die nicht im Ausland waren, garantiert ein gutes Bild davon machen können.
Wenn ich euch sage, dass ihr euch einen Kuchen vorstellen sollt, denkt der eine an Schwarzwälder-Kirsch und der andere an Frankfurter Kranz.
Die Sahne bleibt dieselbe, aber der Rest ist komplett verschieden.
Und genau deswegen verstehen eben nicht alle genau dasselbe unter einem wirklich auf verschiedenste Arten interpretierbaren Begriff. Genauso wie jedes Auslandsjahr letztendlich einzigartig ist, weil es eben ein eigenes Leben ist.
Als ich von meiner besten Freundin aus Italien gehört habe, dass sie auch ins Ausland gehen will, hätte ich sie am liebsten vor Freude umarmt - leider trennen uns einige tausend Kilometer.
Sie meinte zu mir, dass ich letztendlich die einzige sein würde, die sie in dieser Sache genau verstehen würde. Und mit der Aussage bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass vermutlich nur diejenigen etwas von dieser Sache verstehen, wenn sie sich wirklich dafür interessieren, es durchgemacht haben (oder durchmachen), oder sich unzählige Stunden mit anderen darüber unterhalten haben.
Wieder einmal kann ich nur betonen, wie wichtig es ist, einfach offen für neue Dinge zu sein.

Manchmal frage ich mich, wie ich mich letztendlich verändert habe.
Vielleicht bin ich bestimmter geworden, vielleicht etwas selbstständiger. Vielleicht interessiert es mich jetzt recht wenig, wie viele Leute mich nicht ausstehen können. Mir bleiben schließlich noch eine andere Familie und andere Freunde in Italien. Es gibt einem eine unglaubliche Sicherheit, zu wissen, dass die Welt größer ist, als man es sich eigentlich vorstellen kann. Italien mag nicht besonders weit entfernt zu sein (im Ländervergleich), aber es ist wie eine andere Welt, und das kann ich nur immer wieder betonen.

"So langsam solltest du dich daran gewöhnen, dass du wieder in Deutschland bist!" - auf keinen Fall. Ich werde die Leute so lange damit nerven, wie interessant es ist, in einer anderen Kultur zu leben, bis sie sich selbst davon überzeugen wollen. Wer damit nicht einverstanden ist, muss gar nicht erst mit mir reden. Das heißt nicht, dass ich keine anderen Gesprächsthemen kenne, und das heißt nicht, dass ich nicht verstehe, dass manche Leute nichts von Alessandria wissen wollen. Aber wenn diese Leute meine Freunde sein wollen, sollten sie mit mir selbst zurechtkommen. Und wenn ich in Italien so viel über mich gelernt habe, dann will ich niemandem diesen Menschen, der ich bin, vorenthalten.

Menschen ändern sich - Menschen ändern dich.

So kurz vor Weihnachten denke ich oft an letztes Jahr zurück, was mich auch letztendlich dazu gebracht hat, diesen Post zu schreiben. Es ist beinahe unheimlich, mitzubekommen, wie man gewachsen ist. Zwölf Monate sind so wenig und gleichzeitig so viel Zeit.
Ich kann mich noch genau an die Dinge erinnern, die ich vor exakt 365 Tagen getan habe, und es macht mich wirklich unglaublich glücklich, diese Erinnerungen zu besitzen und teilen zu können.
Vielleicht interessiert es letztendlich ja doch jemanden.

Ich weiß nicht, wo ich in einigen Jahren sein werde, aber bis morgen und übermorgen kann ich noch viel erleben und es kann sich so einiges ändern.

Ich glaube, dieser Blog hat innerhalb der Monate einige Veränderungen mitgemacht. Ich bin der Meinung, dass jeder Tag nicht nur 24 Stunden hat, sondern eher aus Erinnerungen besteht, die man entweder im Kopf behält oder nicht.
Ich kann mir die Dinge durchlesen, die ich vor einem Jahr hier aufgeschrieben habe, und ich sehe alles wieder vor mir. Erinnerungen sind vielleicht das einzige, was einem irgendwann bleibt, und die Erinnerungen an Italien sind mir so wichtig wie kaum etwas anderes.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen frohe Weihnachten und auguri di buon Natale.
Ich hoffe, jeden Tag geschieht etwas besonderes, was euer Leben ein bisschen verändert. Und wenn es nur ein Gespräch oder ein Lächeln ist - besser heute als morgen und besser erlebt als verpasst.
Letztendlich hat alles einen Sinn.

Alles Liebe,
Hannah <3

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