Abschiedsgedanken

Hallo Leute!

Ich hoffe, bei euch ist momentan nicht so viel Schulstress, wie ich ihn hier grade habe. Wir hatten diese Woche für fast jeden Tag eine Arbeit angesetzt. Ich bin dann auch noch einige Tage vorher nicht da gewesen, weshalb ich beispielsweise für Biologie den Atoff von 60 Seiten innerhalb sechs Tagen auswendig lernen konnte. Noch dazu verlangt die Lehrerin echt unglaublich viel von uns Schülern in den schriftlichen Arbeit! Das ganze habe ich jetzt glücklicherweise hinter mir und kann mich auf etwas anderes als Zellen und organische Stoffe konzentrieren.
Am Freitag war ich in der Stadt und habe einen Koffer gesucht, den ich mit Sachen vollpacken wollte, um schonmal etwas nach Deutschland zu schicken. Ich habe dann ein riesiges 80-50-25 cm Ungetüm gefunden, dass dazu noch überhaupt nicht viel gekostet hat. Ich habe mich im Internet nach Koffer-Speditionen umgesehen, und dann eine gefunden, die den Koffer von Zuhause aus zum Ziel bringen - jetzt hoffe ich nur noch, dass das auch klappt!
Ich habe dann auch gleich mal nachgeschaut, ob ich selber in den Koffer passe. - Ja, tue ich. Nur der Kopf guckt raus. Beängstigend!
Am Samstag war ich nachmittags mit einer Freundin und einem anderen Freund von ihr in der Stadt. Wir haben Eis gegessen
(allerdings muss ich das mal erwähnen: hier gibt es nur das ganz normale Eis auf die Hand. Ich habe Giulia mal gefragt und sie meinte, dass das nächste 'richtige' Eiscafè in der Nachbarstadt ist. Anders als in Deutschland gibt es hier also kaum Eisdielen, die Eisbecher verkaufen!)
und sind durch die Stadt gelaufen. Abends bin ich dann mit meiner Gastmutter und einigen anderen von den Leuten vom Centro zu einem Aperitif (Aperitivo) in eine Bar gefahren und haben dort gegessen. Anschließend sind wir durch das Stadtzentrum gelaufen, wo jede menge Leute unterwegs waren. Es gab mehrere Stände (wie auf einer Kirmes), wo alles mögliche verkauft wurde. An mehreren Straßenecken waren dann Bühnen aufgebaut, wo verschiedene Musikgruppen spielten - so auch die Band meines Gastvaters. Wir sind den ganzen Abend in der Stadt gewesen, sind hier und dort hingelaufen und haben den verschiedenen Musikern zugehört. Meine Freundin ist dann später auch wieder zu uns gestoßen und ich bin mit ihr zusammen losgezogen.
Im Italienischen gibt es einen sprachlichen Ausdruck, den alle benutzen, wenn sie aus dem Haus gehen und irgendwo um die Häuser ziehen: es heisst hier nicht "ich gehe um den (Häuser-) Block", sondern man sagt: ich mache einen "giro" - was soviel heisst wie "Kreis". Man könnte es wohl mit "Rundgang" übersetzen, aber das klingt auch wieder etwas absurd. Es gibt keine direkte Übersetzung - genauso wie dazu, dass man zu jedem Anlass "auguri" sagt - "Glückwunsch", "Alles Gute", was weiß ich. Zu Weihnachten, zu Ostern, zum Geburtstag, zu Silvester, zum Muttertag, zum Weltfrauentag, zum Schulabschluss, alles mögliche! Anstatt wir im Deutschen tausend verschiedene Ausdrücke zu haben, kommt man mit "auguri" durch das ganze Jahr.
Wo wir beim Thema Jahr und Zeit wären: und zwar rückt jetzt ja langsam schon die Endphase meiner Zeit in Italien heran. Ich kann die Wochen, die mir bleiben, an einer Hand abzählen - und das ist kein schönes Gefühl. Ich habe teilweise den Gedanken, dass ich grade jetzt noch so viel zu tun haben! Gerade jetzt, wo ich doch endlich vernünftig italienisch sprechen kann. Grade jetzt, wo ich doch meine Freunde hier habe, wo ich sagen kann, dass ich mir ein super Leben aufgebaut habe. Das ist um genau zu sein echt unfair, dass man für ein Schuljahr im Ausland ist und dann alles hinschmeißen muss. Besonders, weil man doch zum Zeitpunkt des Weggehens eigentlich  an einem fortgeschrittenen Punkt seines anderen Lebens angekommen ist, und es anfängt, ein echtes Leben zu sein - mit Familie, Freunden, Sprache und so weiter sollte alles auf dem besten Stand sein.
Sas kann natürlich auch anders laufen, aber ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass es so wie bei mir ist.
Ich merke einfach, wie leid es mir tut, dass ich hier alles hinter mir lassen muss...
Wenn ich jetzt hier auf dem Sofa sitze und Fußball gucke, neben mir Simone - der einzige, der die Konzentration aufbringen kann, sich auf das Spiel zu konzentrieren -, gegenüber auf dem Sofa schläft Pietro (ein echter Fan haha), und dann meine Gasteltern... Giulia und Giacomo sind ausgegangen.
Es ist einfach so italienisch! Ich kann mir nicht mehr vorstellen, wie es in Deutschland gewesen ist. Ich weiß gar nicht, was ich Samstagabends gemacht habe, wenn es doch keine Pubs mit Karaokeanlage gibt... ich werde ganz sicher all diese Details so sehr vermissen. Wieso rennt die Zeit am Ende so davon?
Erst hat mal alle Zeit der Welt und dann sind es auf einmal nur noch 50, 40, 30, 20..
Ich wünschte einfach, ich hätte genug Zeit!

Hannah ♥

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